Umweltforscher Noah Linder vom Urban Studio der University of Gävle.
Foto: Anna Sällberg für die © University of Gävle, 2018
Die erkenntnis ist da. trotzdem ändert sich nichts.
Noah Linder ist Umweltforscher am Urban Institute der Universität Gävle in Schweden. In einer aktuell über mynewsdesk veröffentlichten Pressemeldung sagt er, wir würden viel darüber reden wie technische Innovationen jene Herausforderungen meistern könnten, mit der sich die Welt momentan konfrontiert sieht. Das eigentliche Problem aber sei, dass wir all diese technischen Möglichkeiten, die uns heutzutage zur Verfügung stehen, noch gar nicht nützen:
“Wir verstehen es, ändern aber nichts und genau diese Verweigerung vor Veränderungen ist noch eine ganz andere Hürde, die es zu nehmen gilt und eine viel größere als sich die Leute bewusst machen. Deshalb müssen wir die Psychologie in die Umweltforschung einbeziehen, um die Komplexität menschlichen Verhaltens und der von Verhaltensänderungen erklären zu helfen”, sagt Noah Linder.
Anstupser – kleine Anstösse zur Veränderung
In seiner Forschungsarbeit beschäftigt sich Noah damit, wie wir Einsichten aus der Angewandten Psychologie aber auch aus der Verhaltenspsychologie in der Wirtschaft dafür einsetzen können, um nachhaltige Verhaltensänderungen zu erreichen. Eine dieser Theorien nennt man Nudging (engl. für: Anstupsen, Anstösse geben…) was so viel wie einen kleinen sachten Schubser in die richtige Richtung meint. Das wichtige Element diesbezüglich ist, dass solche Anstösse nur ganz sachte erfolgen, mit einem fast winzigen Impetus und dass keine finanziellen Versprechungen damit einhergehen.
Kleinere Servierplatte, weniger Lebens-Mittel RESTE
Eine Studie zur Lebens-Mittel Verschwendung ergab, dass in einem Hotel um lediglich 3 Zentimeter verkürzte Servierplatten bis zu 20 Prozent an Lebens-Mittel Resten einsparten. Außerdem tendieren wir beispielsweise in Ladengeschäften dazu, Objekte auszuwählen, die auf Regalböden in Augenhöhe platziert sind.
Beim Anstups-Prinzip geht es also um kleinste Veränderungen, die bereits einen großartigen Effekt auf unser Verhalten haben können. Ganz wesentlich dabei ist, dass jedermann ja trotzdem seine Servierplatte überbordend befüllen oder ganz unten ins Regal greifen könnte.
Anstupser haben zum Beispiel auch das Sortieren von Abfällen auf bis zu 25 Prozent ansteigen lassen. So riet Noah Linder den Anwohnern in einem Stockholmer Vorort zuerst, ihre Lebens-Mittel Abfälle um 25 Prozent besser sortiert sehen zu wollen. Dafür wurden Bioabfalltonnen vor zahlreichen Gebäuden platziert, die aber niemand so richtig annehmen wollte. Um das zu ändern wurde ein Flugblatt gedruckt mit dem Hinweis…
“Mach’s auch! Dein Nachbar tut’s bereits.”
Dieses Flugblatt wurde dann zusammen mit Sortierbeuteln ausgegeben mit dem Ziel, es für alle Anwohner einfacher zu machen, mit dem Abfallsortieren zu beginnen und daraus eine Gewohnheit werden zu lassen.
“Solche wertfreien Argumente, die mein eigenes persönliches Lebensumfeld betreffen wirken oft besser als alle ‘Rettet unsere Umwelt!’-Argumente. Wenn es meine Nachbarn tun sollte es auch für mich das Richtige sein.”
Wir brauchen regelnde Umgebungen
Oft ist schlichtweg unklar was von uns im öffentlichem Raum erwartet wird, denkt Noah. Ein Beispiel dafür sind Abfallbehälter, die meist so gestaltet sind, dass sie sich strukturell in die Umgebungsarchitektur einpassen anstelle gut sichtbar daraus hervorzutreten.
“Wenn wir wollen, dass Leute ihre Abfälle in die Abfalleimer werfen, sollten wir dafür weithin sichtbare und klar als solche gut identifizierbare Abfalleimer entwickeln. Dann wird jedem sofort klar welche Erwartungshaltung hier im öffentlichen Raum vorherrscht.”
“Studien haben ebenfalls gezeigt, dass wenn wir andere Leute dabei beobachten Regeln zu brechen, wir dazu tendieren das selbe zu tun. Falls es zum Beispiel irgendwo viel Graffiti an den Wänden gibt, werfen wir dort auch umgehend mehr auf den Boden. Ich möchte das umkehren und erforschen, wie wir Umgebungen gestalten können die nachhaltiges Verhalten fördern.”
Der nachhaltigste Campus weltweit
Noah macht uns allen klar, dass real existierende Umgebungen in einer sehr mächtigen Art und Weise direkten Einfluss auf unser Verhalten nehmen können. Das zuanfangs vorgestellte Anstups-Prinzip hatte den selben Effekt auf einer kleineren Skala aber nun würde Noah gerne herausfinden wie wir städtische Räume und auch komplette Stadtentwicklungen in ihrer Gesamtheit anlegen sollten, um förderlich für nachhaltige Verhaltensänderungen beim Umweltschutz zu sein.
“Mein Fokus liegt auf dem Design von Umgebungen in bestmöglicher Art und Weise um Menschen zu einem spezifisches Verhalten zu ermutigen. Ich glaube nicht, dass uns dies mit unserem heutigen Städtebild gelingt.”
Kommendes Frühjahr reist Noah nach Singapur. Dort wird er mit der Nanyang Technological University (NTU) kooperieren, einer der top Universitäten des Landes. Sein Ziel ist nichts Geringeres als den NTU Campus zum nachhaltigsten der Welt zu machen.
Quelle
Die Studie selbst finden Sie mit einem Klick auf auf frontiers in Psychology.